mardi 28 octobre 2003, par Stauffacher Werner
von Prof. Werner Stauffacher, Präsident
Zu Beginn dieses Jahres haben die SAMW und die SATW (Schweizerische Akademie der Technischen- und der Ingenieurwissenschaften) einen Bericht zur Telemedizin veröffentlicht und den Medien vorgestellt. Im September 2003 führen sie ein Symposium zum gleichen Thema durch. Treibendes Motiv für die SATW ist es dabei, die Telemedizin in der Schweiz bekannt zu machen und gegenüber Politik und Behörden auf die Notwendigkeit hinzuweisen, den in der Informationstechnologie (IT) tätigen KMU der Schweiz ein aktives Mittun in F+E und damit die Beteiligung am internationalen Wettbewerb in diesem zukunftsträchtigen Gebiet zu ermöglichen. Und für die SAMW ? Wie der Beitrag von Dr. Martin Denz, Mitautor am Bericht und Telemedizin- Beauftragter der FMH, zeigt, deckt der Begriff "Telemedizin" (TM) so ziemlich alles ab, was man sich unter Elektronik, IT und Medizin vorstellen kann, von der Gesundheitsadministration mittels Chip-Patientenkarte über die Telekonsultation, das Telemonitoring gebrechlicher Betagter zu Hause und die Telediagnostik bis zur Fernregistrierung von durch Sensoren erhobenen Stoffwechseldaten. Das Ziel ? Das Überwinden grosser Distanzen steht bei uns weniger im Vordergrund als etwa in Afrika, Australien oder Amerika, wo TM sich in vielen Bereichen schon bewährt hat. Bei uns sind Prozessbeschleunigung, Rationalisierung, schnellerer und gerechterer Zugang für Alle, erhöhte Zuverlässigkeit und Patientensicherheit, Elimination kostspieliger Doppelspurigkeiten etc. gefragt. Einsparungen wären zwar erwünscht, sind aber nicht erklärtes Ziel - das Vermeiden von Rationierung schon eher.
Diejenigen, die das Engagement der SAMW im Bereich "Medizin und Gesellschaft " vor allem mit der Tätigkeit ihrer Zentralen Ethikkommission (ZEK) und den Projekten "Zukunft Medizin Schweiz" oder "Palliativmedizin" in Verbindung bringen und die SAMW mit diesen identifizieren, mag die neue, technik- orientierte Initiative erstaunen oder gar enttäuschen. Der Eindruck trügt. Die SAMW unterstützt und begleitet den Fortschritt der Medizin in allen Bereichen : Praxis, Forschung und Technik. Die Telemedizin kommt - was immer wir in der Schweiz tun oder nicht tun. Und sie ist zu wichtig und hat zu viel Potential (positives wie negatives) um einfach den Technikern und einigen Gadget- und Elektronik-Freaks unter den Angehörigen der Medizinalberufe überlassen zu werden. Mit ihrer Initiative wollen SATW und SAMW ihre Verantwortung dafür wahrnehmen, dass wir ihren Einzug nicht einfach nachvollziehen müssen, sondern aktiv mitgestalten können.
Die Telemedizin wird für Alle, Patientinnen
und Patienten, Ärztinnen und Ärzte,
Pflegende und Angehörige der anderen
Medizinalberufe, aber auch für die
in der Gesundheitsadministration Tätigen
Grundlegendes und Gewohntes drastisch
ändern. Darüber zu wachen, dass
diese Veränderungen dank Information,
Transparenz und Schulung für alle
verständlich - wenn nicht selbstverständlich
werden, wird eine der Aufgaben
der Akademien sein.
Das Engagement der SAMW für die Telemedizin
bringt demnach nicht nur ihre
positive Haltung gegenüber dem technischen
Fortschritt in der Medizin zum
Ausdruck. Es beinhaltet auch und vor allem
ihre Verpflichtung, sich dafür einzusetzen,
dass dieser Fortschritt - der
wie der vermehrte Einsatz für das
Menschliche in der Medizin auch Teil
der Zukunft der Medizin in der Schweiz
ist - in erster Linie den Kranken zugute
kommt, und dass er sowohl der
medizinischen Ethik als auch dem Berufsethos
der im Gesundheitswesen
Tätigen entspricht und Rechnung trägt.
Fortsetzung des Editorials